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Die Theorie der Selbstaufmerksamkeit
aus Theorien der Sozialpsychologie Bd. I (Frey/Irle Hrsg) Kognitive
Theorien Verlag Hans Huber 2.Aufl.1993
1. Grundlagen
- die Aufmerksamkeit eines Menschen ist in einem bestimmten Augenblick
entweder auf sein Selbst oder auf externe Reize gerichtet
- SA bewirkt eine Intensivierung und Akzentuierung der im Fokus der
auf sich selbst gerichteten Aufmerksamkeit stehenden Aspekte, z.B. Stimmung,
Affekte, Selbsteinschätzung, Intention, Aspiration, Erwartungen, Standard,
Einstellungen, Ziele und Verpflichtungen
- dadurch werden sich die Personen der Diskrepanzen zwischen ihrem
idealen Selbst und dem tatsächlichen Verhalten stärker bewußt
- diese werden meist negativ erlebt, weil die Ideale und Standards
im allgemeinen moralisch "höher" sind, als das tatsächliche Verhalten
- die kognizierten Diskrepanzen erzeugen eine Motivation, das Verhalten
den jeweiligen Idealvorstellungen (eben den Standards, Zielen, Intentionen
und Aspirationen) anzupassen, also die Diskrepanzen zu reduzieren
- daneben kann natürlich auch (statt Verhalten) die Interpretation
selbstbedrohender Informationen oder Ereignisse weniger bedrohlich bewertet
werden
- Selbstbedrohliche Ereignisse führen zu einer Defensivreaktion
- die selbstzentrierte Person wird versuchen, den selbstzentrierend
wirkenden Stimuli zu entgehen, wenn diese aversiv empfunden werden
Es geht also um Selbstreflexion und das daraus resultierende geänderte
Verhalten.
Alleine das Wissen darum, beobachtet zu werden, führt zu stärkerer
Selbstbeobachtung.
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2. Selbstaufmerksamkeit und Perspektivenübernahme
- nach der Entwicklungspsychologie (Piaget,Bandura,Hoffmann,Kohlberg
u.a.) entwickeln sich Reife, Unabhängigkeit und Selbst-Standard-Konsistenz
und werden dann auf quasi automatische Weise angewendet.
Unmoralisches, Egozentrisches und/oder inkonsistentes Verhalten wird
auf Entwicklunglücken zurückgeführt (und nicht auf eine
psychologiche Störung)
- nach Piaget ist der Abbau von Egozentrismus dei sich entsickelnde
Fähigkeit einer Person verbunden, eigene Perspektiven von der anderer
Personen zu unterscheiden
- nach der Theorie des SA ist jedoch der Unterschied darin zu finden,
daß die Fähigkeit, sich in fremde Perspektiven hineinzuversetzen,
keine notwendige Handlungswirkung hat (oder haben muß)
- Potential und Bereitschaft zur Handlungsausführung hängen
davon ab, wieviel Selbstaufmerksamkeit eine Person auf sich lenkt
- ohne selbstgerichtete Aufmerksamkeit wird die Allgemeingültigkeit
der eigenen Sichtweise überschätzt, da die Abweichungen von anderen
Perspektiven nicht imemr bewußt werden
- es geht also um Diskrepanzwahrnehmung zwischend er eigenen und sonstiger
Perspektiven
- bewußt gemacht, läßt sich das Individuuem durch
die Standards leiten
- allerdings laufen oft wiederholte Handlungen "von selbst", also unreflektiert
und nicht bewußt gesteuert, ab
2.1. Postulate der Theorie der Selbstaufmerksamkeit
a. wenn eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht imstande ist,
die eigene Person als Objekt wahrzunehmen, wird es einen Verfalld er Differenzierung
zwischen der eigenen Perspektive und der fremden Perspektive geben
b. der Egozentrismus in der Wahrnehmung einer Person wird sich abbauen,
sobald die Selbstbetrachtung begünstigt oder forciert wird.
Experimente:
- werden VPn, die alleine in einem Raum sind, aufgefordert, sich selbst
ein "E" auf die Stirn zu malen, wird gefunden (Hass 1984), daß OHNE
Forcierung der Selbstaufmerksamkeit nur 18% der Vpn sich beim Zeichnen
von einer fremden Perspektive leiten ließen.
Wird die Selbstaufmerksamkeit jedoch durch eine laufende Fernsehkamera,
die angeblich einem pädagogischen zweck dienen soll, erhöht (geweckt...
d.Verf), berücksichtigen 55% der Vpn die fremde Perspektive.
- bestätigt wurde durch weitere Experiment auch eine bekannte Piaget-These:
- die reife Persönlichkeit, die seit ihrer Kindheit zur Perspektiveübernahme
befähig ist, zeigt immer noch Fehler, die mit einem momentanen Egozentrismus
verbunden ist.
- es läßt sich ein Zusammenhang zwischen Selbstaufmerksamkeit
und Egozentrismusabbau bestätigen
3. Dimensionen des Selbst
- das "Selbst" ist ein zu weitgefasster Begriff
- eine Dimensionendifferenzierung ist möglich, bei Hass ist das
z.B. der Buchstabe "E"
- prinzipiell kann man jede Dimension dadurch betonen, daß man
diese in den Versuchsanweisungen anführt
- - nach Duval & Wicklund ist dies jedoch nicht notwendig, da ein
Transfer-Prinzip wirkt, wonach sich die selbstgerichtete Aufmerksamkeit
in Richtung der dominanten Dimension verlagert
- sobald die Aufmerksamkeit nach innen gerichtet it - z.B. durch Wahrnehmung
des eigenen Gesichts in einem Spiegel -
findet ein Prozess der Aufmerksamkeitsverlagerung statt.
- die gerade erforderliche Dimension des Selbst (z.B. visuelle, moralische
oder Leistungsstandardperspektive) rückt dann in den Mittelpunkt der
Selbstaufmerksamkeit
4. Konkurrierende Selbst-Dimensionen
- Induzieren einer Beschäftigung mit einem irrelevanten Thema
verschlechter die Leistungsfähigkeit zur Perspektivenübernahme
- Beispiel: die Beschäftigung der Person mit einem individuellen
Problem (z.B. einer Neurose)
5. Selbstaufmerksamkeit udn Aktualisierung von Aspekten des selbst
- im Zustand der Selbstaufmerksamkeit werden häufiger Pronomen
der ersten Person gewählt (Operationalisierung druch Spiegel), als
Vpn ohne Selbstaufmerksamkeit
- hohe private self-consciousness führt dazu. daß Vpn unvollständige
Sätze eher mit der eigenen Person vervollständigen
- Abspielen der eigenen Stimme
- Anwesenheit von Publikum führen zur vermehrten Anwendung der
ersten Person
- Affektzustände werden unter Selbstzentrierung stärker
- Experiment: Spiegel und leichtbekleidete Mädchen sowie "ekelhafte"
Bilder: Reaktion erhöht sich!
6. Selbstaufmerksamkeit, Defensivattribution. Diskrepanzreduktion
- Selbstattribution für hypothetische Ereignisse unter SA höher,
als ohne SA
- bei egobedrohenden Informationen setzen unter SA stärkere Defensivmechanismen
ein
- bei Dissonanzauftreten zeigen selbstaufmerksame Personen eine erhöhte
Tendenz, ihre Kognitionen so zu ordnen, als ob die Entscheidung in Übereinstimmung
mit ihren Werten oder Einstellungen stünde.
--> höhere Einstellungsänderung mit als ohen Kamera
- Dissonanzreduktion kann verhindert werden, wenn es gelingt, die Aufmerksamkeit
vom Selbst abzulenken
- dissonanzerzeugende Situationen scheinen eine Verteidigungsbereitschaft
einzuleiten, die durch SA intensiviert wird
- selbstzentrierte Personen sind bestrebt, ihr Verhalten dem Selbstbericht
oder den Selbstbericht dem Verhalten anzugleichen
- Selbstberichtsvalidität erhöht sich nter SA-Bedingung
- bei Elektroschock-Test zeigte sich, daß selbstzentrierte Aufmerksamkeit
die Stärke der veranreichten Schocks reduziert
(Bedingungen. Spiegel/Publikum)
- dagegen: bei Vorgabe, daß die E-Schocks das Lernergebnis verbessern,
und bei MÄNNLICHEN "Opfern" (gegenüber weiblichen im vorher beschriebenen
Test), wurden höhere E-Schocks unter Spiegel-Bedingungen verabreicht,
als ohne Spiegel.
- höhere Kreativität unter Spiegelbedingungen
- Personen unter SA-Bedingungen (Tonband mit eigener Stimme) rufen
mehr Informationen vor einer Entscheidung ab, als
Personen, die eine fremde Stimme hören
- bei Selbstzentrierung stärkeres Hilfeverhalten, wenn die Person
auf die Diskrepanz zwischen eigener Passivität und sozialer Norm aufmerksm
gemacht wird
7. Vermeidung von Selbstaufmerksamkeit
- Vermeidung physikalischer Stimuli (Kameras, Spiegel)
- Konzentration auf eine selbstverbundene Diskrepanz ist Ursache eines
Affekt- oder Angstzustandes
- Wahrnehmung der Inkonistenz erzeugt einen negativ empfundenen Zustand,
der so schnell wei möglich geändert werden soll (entspr. Freud,
1920, Festiner 1957, McClelland 1961)
- wenn eine Person ihre Aufmerksamkeit vom eigenen Selbst weglenken
kann, vermindert sich der Angstzustand
- es besteht Widerstand gegen das Erkennen einer selbstbezogenen Schwäche
- depressive Stimmung mit einem äußerst negativen Selbstwert
wird durch Selbstzentrierung intensiviert